Räume, die uns berühren

Feng Shui ist manchen ein Begriff. Aber was genau steckt dahinter und was kann es zur Raumqualität beitragen?

HW: „Feng Shui ist eine Jahrtausende alte chinesische Harmonielehre, die sich mit dem Fluss der Lebensenergie, dem sogenannten Chi, in unseren Lebensräumen
beschäftigt. Wie beeinflusst die Gestaltung der Umgebung unser Wohlbefinden, unseren Erfolg oder unsere Gesundheit? Das reicht von der Anordnung der Möbel, Grundrissen bis zur Wahl der Farben und Materialien. Und natürlich den äußeren Einflüssen.
Es ist eine erfahrungsbasierte Disziplin, die auch hier immer mehr angewandt wird, wie im Interior Design oder in der Innenarchitektur.“

Wenn Du mit Kunden sprichst, spürst Du da Vorbehalte oder Skepsis? Falls, wie überzeugst Du von den Vorteilen zu überzeugen?

HW: „Früher war das mal so, aber ich spreche gerne mit Menschen darüber. Feng Shui ist keine Esoterik. Vielmehr ein praktisches, ergänzendes Werkzeug,
das sich prima im Alltag nutzen lässt, um unterstützende Räume zu schaffen und zu harmonisieren. Ganz ähnlich wie Akupunktur oder Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) die Energieflüsse optimieren. Mit unter braucht es noch Überzeugungsarbeit, doch genau darin liegt auch das Potenzial: Wenn Menschen verstehen, wie greifbar und wirksam die Prinzipien sind, öffnet sich eine ganz neue Welt der Raumgestaltung.“

Gerade in sensiblen Bereichen wie Gesundheit, Pflege und Praxen gewinnt der Begriff der „heilenden Architektur“ an Bedeutung. Kannst Du konkret an Deiner Arbeit festmachen, was man sich darunter vorstellen kann und was Feng Shui dazu beitragen kann?

HW: „Absolut. Eine meiner größten und prägendsten Aufgaben war die Beratung für eine Fachklinik für extreme psychiatrische Behandlungen.
Die Herausforderung war immens: Das Interior Design musste so gestaltet werden, dass Patienten sich weder körperlich verletzen noch Suizid begehen konnten. Gleichzeitig stand das seelische Wohlbefinden von Patienten und Personal im Vordergrund. Dazu kamen strikte Anforderungen an Hygiene, Funktionalität und Ästhetik.
Ich habe für diesen Entwurf ein durchgängiges visuelles Leitsystem entwickelt, das sich durchs gesamte Gebäude zog und auch der Orientierung dient. Und um eine beruhigende Atmosphäre zu schaffen, habe ich die natürliche Umgebung – die angrenzenden Wälder und Felder – gestalterisch in das Gebäude integriert.
Ähnliche Projekte folgten darauf, etwa ein Pflegeheim für Demenzpatienten oder eine Beratungsstelle für Suchtkrankheiten. Jedes dieser Projekte war eine einzigartige Herausforderung. Durch ein tiefes Verständnis der spezifischen Umgebung, den Bedürfnissen der Menschen und den Feng Shui Prinzip
konnte ich es erfolgreich lösen.“

Das sind beeindruckende Beispiele für die transformative Kraft Deiner Arbeit. Welche neuen Wege möchtest Du beschreiten, um Dein Wissen und
Deine Erfahrungen weiterzugeben?

HW: „Die Nachfrage nach bewusster Raumgestaltung wächst – und damit mein Wunsch, mein Wissen zu teilen. Deshalb biete ich bald wieder Mentoring,
Seminare und Workshops, für Gestalter, Interior Designer und Berufsanfänger an. Auch für Privatkunden ist etwas in Planung, um mein Know-how in kompakter Form weiterzugeben. Gemeinsam entwickeln wir Räume, die über Ästhetik hinausgehen und Wohlbefinden und Regeneration fördern. Das ist ein schöner Gedanke, der mich antreibt.“

Die Fragen stellt Ute Latzke, Autorin und Brand-Strategin für Architektur und Design.